Vergessene Pfoten e.V.
Nur mit dem Unmöglichen als Ziel kommt man zum Möglichen
12. Januar 2025
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» Snoopy – ein Gruß an dich von deinem zukünftigen Frauchen

 

Neujahrsgrüße & Gedanken einer Adoptantin an ihren Adoptivhund

1. Januar 2025

Lieber Snoopy,

ein glückliches neues Jahr wünsche ich dir!
Meine Güte, es wird spannend für uns beide. Denn schon bald am 18. Januar gehst du auf große Fahrt in dein neues Leben. Wie ahnungslos du noch bist, dass das Jahr 2025 für dich eine so grundlegende Veränderung mit sich bringen wird.

 

Aus der Perrera gerettet, hat für dich im Refugio Andújar ein besseres Leben begonnen: regelmäßig Futter, Auslauf, Schutz vor Regen und Kälte, Hundefreundschaften, ein Platz zum Schlafen sowie engagierte, tierliebe Helfer und Helferinnen aus dem Tierschutz, die ihr Bestes geben, um dich und die vielen anderen Tiere im Refugio so gut wie möglich zu versorgen. Schnell merkten die Menschen, dass du im Refugio völlig unterfordert bist. Das zeigte sich deutlich in deinen Verhaltensweisen wie deiner Ballobsession und dein ins Wasser bzw. in den Eimer beißen. So wurdest du als einer der „Notfelle“ auf den Seiten von „Vergessene Pfoten e. V.“ vorgestellt – und ich auf dich aufmerksam. Wie es dazu kam?

 

Im April ist meine geliebte Podenca Emma über die Regenbogenbrücke gegangen. Sie kam überraschend mit etwa vier Wochen in mein Leben und ich durfte sie bis zu ihrem Lebensende mit fast 16 Jahren begleiten. Sie lehrte mich die Rasse mit ihren Besonderheiten lieben und, wie ich es einschätze, einen guten Umgang z. B. mit ihrem Jagdtrieb finden. Insgesamt war Emma mir eine tolle Lehrmeisterin. Mein Interesse am Verhalten und der Kommunikation von Hunden war geweckt und ich habe mich viel damit auseinandergesetzt – es ist so spannend, vor allem in der Anwendung! Emmas Tod schmerzt. Ich bin mit Hunden groß geworden. So war mir zugleich schon länger klar, dass ich wieder einem Vierbeiner ein Zuhause schenken und mich auf ein neues Mensch-Hund-Team einlassen möchte. Es wird anders werden als das vorherige, weil jeder Hund eine andere Persönlichkeit ist. Und das ist gut so. Warum sollte der Platz leer bleiben? Ich kann nicht alle Hunde retten. Doch immerhin kann ich einer bedürftigen Hundeseele aus dem Tierschutz ein wohl insgesamt ganz gutes Zuhause bieten. Mit meinen Erfahrungen und meinem Wissen sollte es ein Hund sein, der nicht so leicht ein Zuhause finden würde, eben ein Notfall. So gab es für mich zwei Suchkriterien: Notfall & Podenco.

 

Tatsächlich warst du, Snoopy, der erste Hund, den ich mir bei meiner Suche im Internet näher angeschaut habe. Dein Video hatte mich sehr berührt und deine Art fasziniert. Doch an sich wollte ich eher eine Hündin. Zudem suchte ich zunächst nach einem Podenco, der schon in Deutschland lebt. Doch immer wieder kam ich auf dich zurück. Ich weiß nicht, wie oft ich das Video und dein Verhalten, deine Bewegungen und Blicke studiert habe, zeitweise täglich. So wurdest du mir schon etwas vertraut. Anfang November war mir dann klar: Ich bewerbe mich um dich. So schrieb ich deiner Vermittlerin Silke bei „Vergessene Pfoten e. V.“. Dann nahm alles seinen Lauf: Gespräche, Fragebogen ausfüllen, Besuch bei mir Zuhause, ob die Rahmenbedingungen stimmen. Juhu, ich habe es geschafft, die Prüfungen des Vereins, also der Menschen, bestanden. Jetzt stand einer Adoption nichts mehr im Wege! Für mich war es eine komische Vorstellung, dich bei mir aufzunehmen, ohne dass wir uns vorher kennenlernen würden. Ich weiß, dass es im Auslandstierschutz oft nicht anders geht. Bei einem seriösen Tierschutzverein wie „Vergessene Pfoten e. V.“ kann ich darauf vertrauen, dass sie sehr auf eine gute Vermittlung achten. Mich trieb trotzdem ein vorheriges Kennenlernen um: Würde ich ebenfalls die Prüfung bei dir bestehen? Deshalb fragte ich nach, ob ein Besuch vorab möglich wäre. Tatsächlich konnte ich dich schließlich Ende November gemeinsam mit meiner Freundin Silvia in Andújar besuchen. Es war eine glückliche Fügung, dass sich ein Teil des Vorstands von „Vergessene Pfoten e. V.“ ebenfalls im Refugio aufhielt. Snoopy, du hast wirklich Glück gehabt, dass dich so engagierte, tierliebe und zugleich sehr professionell arbeitende Tierschützer/-innen aufgenommen haben. Kerstin, die Vereinsvorsitzende, hat uns das Refugio vorgestellt und uns sehr anschaulich über ihre tolle Arbeit informiert. Alle waren total nett zu uns. Wir waren beeindruckt: Kerstin kannte nicht nur den Namen, sondern ebenfalls die Geschichte jedes Tieres, dass sie uns
vorgestellt hat – und das waren viele. Das Highlight unseres Besuches am 24. November war natürlich der Besuch bei dir und die Möglichkeit, im Gehege Zeit mit dir zu verbringen. Was soll ich sagen? Ich war schockverliebt in dein Wesen, das du ausstrahlst: sehr aufmerksam und interessiert. Ich muss sagen, das Video bringt deine Persönlichkeit schon gut rüber. In live bist du weder mit den anderen Hunden zum Bellen an den Zaun gerannt, noch hast dich insgesamt sehr um die anderen Hunde gekümmert oder reagiertest nicht ressourcenverteidigend, wenn die anderen Hunde zu einem deiner Bälle rannten. Gleichzeitig hast du das Rudel offensichtlich im gut Blick gehabt. Als es mal zwischen zwei Hündinnen Trouble gab, hast du dich einfach zwischen sie gestellt. Ich war total glücklich, dass du zum Ende unserer gemeinsamen Zeit sogar zu mir gekommen bist, wenn ich dich gerufen habe. Sehr wohl habe ich ebenso die Baustellen gesehen: vor allem deine Ruhelosigkeit – alle Hunde legten sich mal hin, nur du warst permanent auf deinen vier Pfoten unterwegs und hibbelig. Zugegeben, um auf jeden Fall deine Aufmerksamkeit zu erhaschen, habe etwas getrickst: Ich hatte mir gleich einen deiner Bälle genommen. Du hast dich interessiert auf die kleinen angebotenen Übungen eingelassen. Gleichzeitig gab es Augenblicke, in denen ich wahrnahm, dass du mich angeschaut und beschnuppert hast. Da ging es definitiv nicht um den Ball, sondern um mich. Es gab Momente, da hast du innegehalten und ich konnte dich streicheln, dir über mein Handauflegen auf deinem Bauch etwas Ruhe vermitteln (hoffe ich). Habe ich die Prüfung bei dir bestanden? Was gäbe ich drum, zu erfahren, wie du unsere Begegnung wahrgenommen hast und sie erinnerst.

 

Tatsächlich – das will ich dir nicht verschweigen – gab es noch in Andújar eine Bewährungsprobe für unsere gerade zart gewachsene Beziehung. Beim weiteren Rundgang durch das Refugio begegnete ich noch einem weiteren Notfallhund. Diese Begegnung berührte mich sehr, weil der Hund in besonderer Weise auf mich reagierte. Das sahen auch die anderen und waren ebenfalls beeindruckt. Ich war sehr durcheinander: Sucht sich der Hund seinen Menschen? Dieser Hund war ein noch größerer Notfall. Tatsächlich hatte ich mich im Vorfeld mit ihm beschäftigt, mich jedoch für dich entschieden. Ich bin noch einmal viele Tage in mich gegangen: Sollte ich mich umentscheiden? Von meinem Helferinnenesprit her hätte ich mich für den anderen Hund entscheiden müssen. Von dir war ich begeistert. Dir hatte ich zum Abschied versprochen, dass du bald zu mir kommen würdest. Wie habe ich schließlich eine Entscheidung treffen können? In meinen Gedanken drehte ich mich immer wieder im Kreis. Dann schrieb ich mir das Für und Wider auf und vor allem: ich erzählte vielen Menschen, die mich kannten, Menschen mit und ohne Hund(eerfahrung) von meiner Schwierigkeit mich zu entscheiden. Im Erzählen merkte ich selbst immer mehr, in welche Richtung meine Entscheidung ging. Ich musste mir nur zugestehen, mich für das zu entscheiden, was ich als gut für mich empfand. Genau das spiegelten mir meine Zuhörer/-innen, meist hörte ich: „Gabi, so begeistert wie du von Snoppy erzählst, ist er es, für den dein Herz schlägt. Und vergiss nicht, auch er ist ein Notfall“. Für die andere Hundeseele empfinde ich sehr viel Mitgefühl. Sie braucht ebenfalls sehr dringend jemanden, der oder die ihr ein Zuhause, Liebe und Zuwendung schenkt. Und dies wurde in unserer Begegnung so deutlich spürbar. Dieser Hund wird ebenso ein toller Begleiter werden, wenn sein Mensch ihn endlich findet. Ich wünsche es ihm so sehr, dass dies bald der Fall sein wird. Auch in dieser Situation war übrigens Silke als Snoopy-Vermittlerin eine verständnisvolle und geduldige Zuhörerin, die weder über meine aufgekommenen Zweifel noch über meine letztgültige Entscheidung urteilte. Was lehrt mich diese Erfahrung? Es ist wichtig und gut, sich ausreichend Zeit zu nehmen, um für sich eine stimmige Entscheidung zu treffen. Gespräche dazu helfen. Das fängt bei der Frage an: Aus welchem Impuls möchte ich überhaupt einen Hund insbesondere einen Hund aus dem Tierschutz bei mir aufnehmen? Und: Bin ich bereit, mein Leben vermutlich für ein gutes Jahrzehnt auf einen Vierbeiner auszurichten, kann ich diese Verantwortung tragen? Es geht weiter mit der Frage: Welcher Hund passt zu mir und in mein Leben? Ein Dackel zum Hüten von Schafen passt wohl ebenso wenig wie ein junger Australien Shepherd zu Menschen, die nicht aktiv sind und ihre Freizeit eher beschaulich auf der Couch verbringen möchten. Und es endet mit der Frage: Fühlt sich die Entscheidung für diesen konkreten Vierbeiner stimmig für mich an? Und hier geht es nicht um Schönheit und Äußerlichkeiten.

 

Doch zurück zu unserem bevorstehenden Abenteuer, Snoopy. Meine große Hoffnung ist, dass du dich vielleicht an meinen Geruch und mich erinnerst, wenn du am 18.01. bei mir ankommst. Deshalb habe ich extra ein T-Shirt in einer verschlossenen Plastiktüte von mir dagelassen. Es soll während der Fahrt in deiner Transportbox liegen, dass du meinen Geruch schon mal in die Nase bekommst. Puuh, das T-Shirt habe ich 11 Tage bei jeder Gelegenheit v. a. nachts getragen, dass es meinen Geruch annimmt. Es wäre so schön, wenn es diesen Erinnerungsanker als Brücke zwischen deinem neuen und deinem bisherigen Leben gäbe. Denn eins ist klar: Die Reise nach Deutschland wird wahrscheinlich eine Art Kulturschock für dich werden. Niemand konnte dir erklären, was jetzt passiert und dass es ein Aufbruch in ein noch schöneres Leben werden wird. Plötzlich wirst du aus deiner Hundegruppe, deiner gewohnten Umgebung, deinem Leben sowie von den dir vertrauten Menschen weggerissen, in eine Transportbox gesteckt und gehst mit vielen anderen Hunden in Transportboxen in einem Bus auf eine lange Fahrt. Du kommst irgendwann irgendwo in der Fremde an. Dort wird es vielleicht schon dunkel und vermutlich verdammt kalt sein. Wer weiß, vielleicht liegt sogar Schnee, den du wahrscheinlich noch gar nicht kennst. Zudem musst du ein Geschirr und ein Halsband tragen, an das du noch gar nicht gewöhnt bist. Dann kommt die Übergabe auf einem Parkplatz. Du kommst in ein anderes Auto. Alles riecht fremd – außer eben, du erinnerst dich vielleicht etwas an mich. Die Fahrt geht weiter. Du wirst dich fragen: Wo bin ich? Was passiert mit mir? Alles, was du kanntest, ist nicht mehr da. Die Menschen – ich – sprechen eine andere Sprache und du verstehst uns nicht, noch nicht. Plötzlich hält das Auto. Entweder werde ich mit dir direkt zum Lösen ans Feld gehen und dann in meine Wohnung oder umgekehrt. Vermutlich hast du noch in keiner Wohnung gelebt? Wir wissen es nicht. Stubenreinheit kennst du wohl auch nicht. Wie würde es mir gehen, wenn ich plötzlich in ein mir völlig unbekanntes Land ungefragt verfrachtet würde, in dem mir alles fremd ist? Was würde mir helfen?

 

Lieber Snoopy, mir ist klar, mit meiner Entscheidung, dich zu adoptieren und zu mir nach Deutschland zu holen, mute ich dir zunächst sehr viel zu. Ich stelle mich seit Wochen auf deine Ankunft ein. Diese Möglichkeit hast du nicht. Seit ich weiß, dass du kommst, habe ich mir sehr viele Gedanken darum gemacht und viel dazu gelesen, wie ich dir helfen kann, dich in deinem neuen Lebensumfeld zu orientieren und hoffentlich leicht einzugewöhnen. Du bist klug und gelehrig. Das sind gute Voraussetzungen dafür. Du musstest dich in deinem Leben schon öfter an neue Lebenssituationen anpassen: im Refugio, in der Perrera und vielleicht schon davor. Du hast jeweils für dich einen Weg gefunden klarzukommen. Das zeigt deine Anpassungsfähigkeit. Ich habe erstmal dreieinhalb Wochen Urlaub genommen, um dir ohne irgendwelchen Zeitdruck (hoffentlich) Sicherheit durch eine gemeinsame Alltagsstruktur und Rituale zu vermitteln. So kannst du erstmal in Ruhe ankommen, den Stress der Reise verarbeiten sowie Sicherheit gewinnen. Nach und nach sollst du erkunden können, wo du nun leben wirst. Ich denke, weniger wird in den ersten Tagen mehr sein. Das heißt, es gibt keine Begrüßungsparty, sorry. Feiern können wir gern später. Vielmehr werden wir beide uns erstmal besser kennenlernen. Du musst keine Angst haben, dass ich mich gleich auf dich stürze. Auch wenn ich mich schon auf Kuscheleinheiten freue, will ich geduldig warten, bis du dazu bereit bist. Überhaupt will ich deine Bedürfnisse erkennen und achten. Bettina & Herbert wirst du ebenfalls gleich kennenlernen. Mit ihnen bin ich befreundet. Sie wohnen neben uns. Sie hatten ihre ganz eigene Beziehung zu Emma, die bei ihnen selbstverständlich ein- und ausging. Beide freuen sich schon sehr auf dich. Denn sie werden für dich da sein in den Zeiten, in denen ich z. B. arbeiten muss und dich nicht mitnehmen kann. Überhaupt gibt es viele Menschen, die sich schon darauf freuen, dich kennenzulernen. Dann wäre da noch unser Nachbarshund Zeus von gegenüber im Hausflur, ein ganz lieber Labbi, etwas älter als du. Doch eins nach dem anderen. So in etwa ist mein Plan, Snoopy, gemeinsam erkunden, was passt. Was hältst du von ihm?

Grundsätzlich habe ich ein gutes Gefühl, dass wir schnell zusammenfinden werden. Gleichwohl habe ich mich ebenfalls mit dem worst case beschäftigt. Es könnte dir schwerfallen, dich einzugewöhnen. Ich bin nicht perfekt, mir können/werden Fehler passieren. Als Unterstützung habe ich meine – ähm Emmas – Hundetrainerin in petto. Obwohl: letztlich liegt vieles an uns Menschen und nicht allein an euch Hunden, wenn etwas schiefläuft. Also ist sie doch auch meine Hundetrainerin. Auf jeden Fall kann ich auf Tinas Hundeschule zählen und das nicht erst, wenn es mit uns beiden schwierig wird. Später dann werden wir dort mit vielen spannenden Trainings einsteigen – ich könnte wetten, dass du riesigen Spaß am FunTrail haben wirst. Ich habe noch keinen Hund kennengelernt, der es nicht gern machte. Eine gute, zu dir passende geistige Auslastung ist mindestens genauso wichtig wie die körperliche. Doch das ist Zukunftsmusik.

 

Lieber Snoopy, lass uns gemeinsam Schritt für Schritt in unser neues gemeinsames Leben gehen und hoffentlich ein tragfähiges Vertrauen zueinander aufbauen. Es ist für uns beide ein Überraschungspaket. Ich bin zuversichtlich, dass die positiven Überraschungen insgesamt überwiegen und wir zu einem tollen Team zusammenwachsen werden. Ich jedenfalls freue mich auf dich, unser gemeinsames Leben und die Abenteuer mit dir.
Wuffelknuddel an dich und dein aktuelles Rudel sowie herzliche Grüße an die Menschen im Refugio & alle vom Verein „Vergessene Pfoten e. V.“.

Ein gutes neues Jahr & gute Reise
Gabi